Sichtbarkeit ist Trumpf

Drei Frauen auf einer Bühne, zwei mit Mikrofonen
Foto PABLO MERCHAN MONTES/UNSPLASH

Trotz viel Kritik: Frauenquoten wirken. Vor allem, indem sie die öffentliche Wahrnehmung weiblicher Rollen beeinflussen.

23.04.2024 · HP-Topnews · Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften · Forschungsergebnis

Noch immer sind Frauen in der Politik unterrepräsentiert. Oft werden Frauenquoten als mögliches Mittel diskutiert, um Parität zu erreichen. Eine neue Studie der WZB-Forscherin Jessica Kim zeigt, wie Geschlechterquoten maßgeblich dazu beitragen können, dass Frauen als Politikerinnen mehr Vertrauen entgegengebracht wird. Doch nicht alle Quoten haben den gleichen Effekt.

Geschlechterquoten sind umstritten. Vor der Einführung einer Frauenquote für Aufsichtsräte in Deutschland im Jahr 2016 gab es zwei gegensätzliche Perspektiven: Quoten wurden entweder als feministisches Instrument oder als unfairer Wettbewerbsvorteil betrachtet. Während die Diskussion oft um die Frage der Fairness von Quoten kreist, werden ihre tatsächlichen Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Frauen in Führungspositionen oft vernachlässigt.

Die WZB-Soziologin Jessica Kim und ihre Kollegin Kathleen M. Fallon von der Universität Stony Brook (USA) haben nun untersucht, wie sich die öffentliche Meinung über Frauen in der Politik durch die Einführung von Geschlechterquoten verändert. Anhand von Daten aus 87 Ländern zu den Einstellungen gegenüber Frauen in der Politik und einem globalen Datensatz zu Geschlechterquoten konnten sie zeigen, dass die Einführung von Quoten einen erheblichen Einfluss auf diese Einstellungen hat.

Sichtbarkeit ist zentral

Ein Hauptgrund dafür ist die stärkere Repräsentation von Frauen. Wenn mehr Frauen als Politikerinnen sichtbar sind, ändert sich die öffentliche Wahrnehmung von Frauenrollen. Dies zeigte sich beispielsweise in Argentinien, wo 1991 ein Gesetz eingeführt wurde, das die Parteien verpflichtete, mindestens 30 Prozent Frauen zu nominieren. Die Unterstützung für Quoten in der Gesellschaft, so die Forscherinnen, variiert jedoch je nach sozialem Kontext: Die individuelle Befürwortung von Geschlechterquoten, unabhängig vom Geschlecht, ist in religiösen Gruppen sowie in Nicht-Demokratien tendenziell geringer.

Kandidatenquoten am wirksamsten

Diese Ergebnisse gelten jedoch nicht für alle Arten von Geschlechterquoten: Die Forscherinnen unterscheiden zwischen vier verschiedenen Typen von Quoten, je nachdem, ob sie eine hohe oder niedrige Sichtbarkeit gewährleisten. Auch entscheidend ist, ob die Quote eine bestimmte Anzahl von weiblichen Kandidaten vorschreibt oder ob eine bestimmte Anzahl von Plätzen nur für Frauen reserviert wird (unabhängig von den Kandidaten). Die Studie zeigt, dass sich Geschlechterquoten nur dann signifikant und positiv auf die öffentliche Meinung auswirken, wenn sie an Kandidatenquoten gebunden sind (im Gegensatz zu reservierten Plätzen), die einen Anteil von 10 Prozent oder mehr weibliche Kandidaten vorschreiben sowie rigoros durchgesetzt werden. Im Vergleich zu Staaten ohne Geschlechterquoten ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Befragten Frauen in der Politik im Allgemeinen gutheißen, bei Kandidatenquoten um bis zu 38,6 Prozent höher.

Gute Nachrichten also für all jene Feminist*innen, die sich für Geschlechterquoten einsetzen: Die Forscherinnen zeigen, dass Geschlechterquoten – trotz häufiger Kritik – wirken und innerhalb der Bevölkerung das Vertrauen in Frauen als Führungspersonen stärken.

Weitere Informationen und Kontakt

Pressemitteilung des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB)